In Memoriam Mecky oder ein Leben mit OMEGA Omegafreund Rüdiger Nun ist es schon zwei Wochen her, dass die schlimme Nachricht von Meckys Tod kam. Seit Anfang November wussten wir, dass es ihm schlecht geht. Die eintreffenden Nachrichten verhießen nichts Gutes, viele Freunde und Weggefährten meldeten sich zu Wort, auch Uwe Hassbecker von Silly, Maschine und andere. In meinem Kopf nistete sich immer hartnäckiger, ohne dass ich es verdrängen konnte, der Gedanke ein, dass dies das Ende sein könnte. Man hofft, man bangt, ein paar Tage kamen keine Neuigkeiten aus Budapest und dann liest man doch die unabänderliche, furchtbare Nachricht … Ich will es nicht glauben, der Verstand nimmt das alles nicht an, aber das Herz beginnt zu verstehen: das ist das Ende einer wahren Legende, es ist das Ende von Omega. Fast täglich kommen mir nun Erinnerungen, Szenen von Konzerten, Begegnungen oder ähnliches in den Sinn, manches schien schon vergessen, vieles zeigt sich mir wie zum ersten Mal. Vor einem Jahr rissen uns die Todesnachrichten von Lacy und Misi aus allen Träumen. Die Bilder der Beerdigungen lagen schwer auf der Seele. Und nun die TV-Bilder aus der Basilika St. Istvan in Budapest, kein Platz ist frei, alle sind gekommen, um von Mecky Abschied zu nehmen. Man verstummt unweigerlich. Da war ein Hörsaal im Gebäude des Physikalischen Instituts in Jena. Hoch aufragende Sitzreihen, die typischen Klappstühle, man quetschte sich am Nachbarn vorbei, um noch einen freien Platz in den ersten Reihen zu ergattern. In der Musikreihe „Musik im Hörsaal“ hatte ich zuvor schon zwei DDR-Gruppen gehört, Panta Rhei mit Veronika Fischer und das Joco-Dev-Sextett. Und jetzt kam 1973 Omega. Freunde erzählten vorher, dass das der „absolute Hammer“ wird. Ich besaß noch keine Omega-LPs, ich kannte die Musik nur aus dem Radio und das allein hatte mich schon überzeugt, mitzukommen. Und da vorne, wo sonst Experimente stattfanden und eine riesige versenkbare Tafel zu sehen war, türmten sich die Boxen und Verstärker. Dann endlich erlosch das Hörsaallicht und ein Instrumentaltitel („Snuki“ - der wurde auch bei Rocksendungen des DDR-Rundfunks als Anfangsmelodie genutzt!) hämmerte die Sitzreihen empor. Es machte „Rummms“ und alles stand, obwohl das bei Hörsaalbänken eigentlich gar nicht so richtig geht (Dies war einer der Gründe, warum die Musikreihe „Musik im Hörsaal“ wenig später eingestellt wurde). Von diesem Tage an war es um mich und wohl so manche anderen Zuhörer dieses Konzerts geschehen. Fortan schnitt ich alles, was von Omega kam auf meinem tschechischen Tesla-Tonbandgerät mit. Bei Freunden, die schon stolze und glückliche Besitzer der LP 10 000 lépés (10 000 Schritte) waren, wurde diese Platte fast „rund um die Uhr“ gespielt. Es dauerte noch etwas, bis ich endlich Omega von einer eigenen Platte auf meinem Mono-Plattenspieler Ziphona Solid hören konnte. Zum Glück veröffentlichte Amiga „schon“ 1972 eine Omega-LP mit dem berühmten bunten Cover von Christoph Ehbets, was zwar schön anzusehen war, aber ein Foto der Gruppe wäre den Fans wohl lieber gewesen. Sie enthielt im Wesentlichen die Titel der 3. LP „Éjszakai országut“. Auf der Hallo-LP Nr. 6 von Amiga wurde der Titel „Untreue Freunde“ und „Blues“ veröffentlicht. Hallo 7 brachte 1973 „Reise auf dem grauen Fluss“ und „Sie ruft alle Tage herbei“ und als Beilage ein LP-großes Omega- Poster. Im selben Jahr arbeitete ich im Rahmen eines FDJ-Sommerlagers in Betonwerk Grünau in Berlin und konnte nun endlich im ungarischen Kulturzentrum vorbeischauen und gab fast den gesamten Arbeitslohn für Omega 4 und 5 sowie diverse andere ungarische Rock-Platten aus. Omega 4 mit der einmaligen silbernen Aluverpackung wird seitdem von mir wie ein Augapfel gehütet und durfte nur einmal das Haus verlassen: Zum Omega-Konzert 2015 nach Neubrandenburg, wo alle Künstler auf der Hülle freundlicherweise ihr Autogramm gaben. Auf Hallo 9 erschien noch im selben Jahr „Törekeny w lendület“ und auf Nr. 12 „Nach einem schweren Jahr“. Damit war Schluss mit der Veröffentlichung von Omega-Titeln auf Amiga und die Fans mussten nun wieder nach Berlin pilgern, um diese Raritäten zu ergattern. Zum Glück gab es auf der IGA Erfurt einen Pavillon für Kultur, in dem man auch ab und zu Platten aus Polen oder Ungarn kaufen konnte. Mitte der 1980er Jahren verlor ich Omega für einige Jahre aus den Augen, natürlich hörte man die alten Platten und die eine oder andere, die man von Freunden oder in Berlin ergattert hatte. Dies war fast logisch, da dann von 1988 bis 1993 die Band „pausierte“ und keine neuen Platten veröffentlichte. Zu Beginn der 2000er Jahre startete die Band wieder durch und spielte ab 2005 auch wieder in Deutschland. Bald fand ich den Kontakt zu den Omegafreunden und 2009 besuchte ich in Loket (Tschechien) mein erstes Konzert „nach der Wende“. Seither habe ich sie insgesamt 24-mal gehört. Zu den unvergesslichen Erinnerungen gehören für mich die beiden Jubiläumskonzerte 2012 und 2017 in Budapest, wo der gesamte Saal mit 15.000 Konzertbesuchern fast alle Texte komplett mitsang. Da spürte auch der letzte ausländische Gast, dass die Omegas in Ungarn Nationalhelden sind. Gänsehautfeeling kam 2017 im Steintorvarieté Halle auf, wo der ganze Saal einfach am Ende des Konzertes „Schreib es mir in den Sand“ anstimmte und sich so die erste Zugabe einfach selbst „ersang“. Was nun? Wir alle finden nach wie vor nur schwer die richtigen Worte nach Meckys Tod. Es bleibt zu wünschen und zu hoffen, dass Omegas Musik von anderen Künstlern und vielleicht anderen Cover-Bands weitergespielt wird. Da bin ich mir sicher. Aber die Reihe der unvergesslichen Konzerte mit der Band ist nun ein für alle Mal vorbei. 2019 hörte ich das letzte Konzert in Erfurt. Sehr traurig stimmt mich die Tatsache, dass erst jetzt mit Meckys Tod unzählige gedruckte oder mit Musik untermauerte Beiträge kurzzeitig auf allen möglichen Kanälen über ihn und die Band erscheinen. Zuvor schwieg man sich über die Band meist konsequent aus, so wie über fast alle Ostrock-Bands. Was macht nun ein Omega-Fan, der fast sein ganzes Leben von der genialen Musik dieser Band begleitet wurde? Er versucht, als Rentner hat er jetzt genügend Zeit dafür, selbst Musik zu machen. Ein wenig Gitarre spielte ich schon seit den Lagerfeuerzeiten der 1970er Jahre. Nun habe ich mich spontan entschlossen, ernsthaft Schlagzeug zu lernen. Ciki gehörte für mich schon immer zu den weltbesten Drummern. Ich weiß, dass ich da auch in Zukunft nur „kleine Brötchen“ backen werde. Aber vielleicht reicht es ja in einem Dreivierteljahr dazu, solche langsameren Titel wie „Egy lány nem ment haza“ von der 1. LP, „Petróleumlámpa“, „Gyöngyhajú lány“, „Udvari bolond kenyere“, 10 000 lépés und „Spanyolgitár legenda“ von der 2. LP, „Az éjszakai országúton“ (3. LP), „Egy nehéz év utan“ (4.LP) und „Lena“ (8. LP) sowie „Hajnali óceán“ (13. LP) spielen zu können. Zu „Varázslatos, feher kö“ (4. LP) und anderen genialen Songs wird es wohl mit meiner Trommelei niemals reichen. Üben würde ich gerne auch „Szomorú történet“ („Traurig schwieg ein Mädchen“), das auf der 1997er deutschen LP erstmals veröffentlicht wurde, interessanterweise auf einer regulären ungarischen LP aber nie erschien. Damit wären auch gleich alle meine Lieblingstitel genannt. Und vielleicht können wir auf dem nächsten Omegafreundetreffen, zu dem sich wohl heute schon ganz viele angemeldet haben, den einen oder anderen Omega-Song einmal selbst gemeinsam singen. Zwölf Songs wurden ja mit deutschen Texten (B. Maywald und K. Demmler) neu aufgenommen („Meine langerwartete Liebste“, „Die nächtliche Landstraße“, „Omega Auto“, „Nach einem schweren Jahr“, „Reise auf dem grauen Fluss“, „Untreue Freunde“, „Nur ein Wort“, „Zerbrechlicher Schwung“, „Traurig schwieg ein Mädchen“, „Sie ruft alle Tage herbei“, „Magischer weißer Stein“ und natürlich „“Perlen im Haar“/Schreib es mir in den Sand“: siehe CD „Omega: das Deutsche Album; Verlag: SECHZEHNZEHN Musikproduktion – BF 06972). Ungarisch im Original hören ist natürlich das Allerbeste, beim Singen ungarisch ohne Sprachunfall zu artikulieren, wird den meisten nicht gelingen - und Omega auf Englisch, das geht gar nicht. Vielleicht schaffen wir es ja, bis zum nächsten Treffen ein kleines Liederheftchen zusammenzustellen. Das nennt man eine „Selbstverpflichtung“. Und vielleicht kann der eine oder andere dabei mithelfen. Zur Erinnerung an eine der größten Bands, die es jemals gab, zur Erinnerung an den genialen Frontmann und Sänger Mecky und einfach nur für uns selbst. Rüdiger Schütz, 20. Dezember 2021, mit der einen und anderen Erinnerung von Omegafreundin Antje aus Jena
Omegafreunde.de 2021